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Die Frage „Was tun?“ hat sich Stefanie nie gestellt

Die Geschichte von Stefanie Bettmann, einer Künstlerin und Chorweilers Bewohnerin

Wir möchten unseren Lesern in loser Reihenfolge einige Bewohner von Chorweiler vorstellen. Sie werden uns erzählen, was sie erlebt haben, was sie bewegt und was sie bewegen. Das sind Menschen wie du und ich und dennoch ist jeder von uns einzigartig. Und alle zusammen geben Chorweiler ein unverwechselbares Gesicht. Chorweiler machen seine Bewohner aus! Heute besuchen wir die Künstlerin Stefanie Bettmann (56), geboren in Solingen, wohnhaft in Chorweiler.

Sie hat sich auf den Besuch vorbereitet und schon ihre Werke im Atelier ausgelegt, das sie mit einer anderen Künstlerin teilt. Das sind gestrickte, gehäkelte und genähte Sachen in leuchtenden Farben. Woher hat sie ihre künstlerischen Begabungen? Lag das in der Familie? „Kann schon sein“, – erwidert Stefanie Bettmann. Die Mutter hätte alles gekonnt. Sie habe alles probiert und so die handwerklichen Fähigkeiten erworben. Der Vater war Malermeister und hat auch gerne Bilder gemalt.

Nach der Schule hat Stefanie eine Schneiderausbildung in Wuppertal absolviert, danach machte sie ihr Fachabitur in Kunst und Gestaltung in Köln. Lange Zeit danach arbeitete sie als Grafikerin in einer Kölner Werbeagentur. Unter anderem hat sie verschiedene Kataloge von Hand gestaltet. Heutzutage ist eine solche Arbeitsweise praktisch unbekannt. Alles macht der Computer. Mit Vergnügen denkt Stefanie Bettmann an diese Zeit zurück, weil damals möglich war, damit auch gutes Geld zu verdienen, in den guten alten 80-90ern. Das hatte aber auch seine Tücken: Viel Zeit für Beruf bedeutete automatisch weniger Zeit für die Familie. Und die Familie war schon da, – eine Tochter und der dazugehörige Ehemann! Zu diesem Zeitpunkt haben sie sich in Lindlar in dem geerbten Elternhaus ihres Mannes niedergelassen. Das berufliche Engagement hatte auch seine Schattenseite. Es kam zur Scheidung. Die einzige Tochter ist in Lindlar beim Vater geblieben, Stefanie ist wieder nach Köln gezogen. Dabei hat sie festgestellt, dass die Arbeitswelt nicht stehen geblieben war, der Vormarsch der modernen Technik hat gewaltige Veränderungen mit sich gebracht. Stefanie hat das keinesfalls entmutigt. Kurz entschlossen hat sie eine Elektrotechnikerausbildung gemacht. Diese Entscheidung hat ihr im späteren Berufsleben viele Vorteile verschafft. Als Künstlerin und Gestalterin arbeitet man ja sehr viel mit den Händen und moderner Technik. Außerdem muss man abstrakt denken können um die Dinge vorzustellen, die noch erschafft werden müssen.

Köln hat ihr auch privates Glück gebracht. Stefanie hat wieder geheiratet und noch drei Kinder bekommen. Der nächste Wohnsitz war in Worringen. Für die gelernte Elektrotechnikerin war die Renovierung des neuen Domizils ein leichtes Spiel. Und weil die Kinder eine freie Waldorfschule besuchten, kann man schon ahnen, dass es an geschickten Händen nicht gemangelt hat.

Interessanterweise hat die ältere Tochter denselben Beruf wie die Mutter, – obwohl Stefanie behauptet, sie habe sie niemals beeinflusst! Anscheinend liegt es doch in den Genen! Inzwischen sind auch die jüngeren Kinder groß geworden. Das bedeutete einen neuen Lebensabschnitt.

Die Frage „Was tun?“ hat sich Stefanie nie gestellt. Eher, wo nimmt man Zeit her für die vielen Ideen? Als erstes hat sie eine feste Stelle in der Kletterhalle Canyon in Chorweiler-Nord angenommen.  Aber ihre künstlerische Ader hat sie nicht vernachlässigt. Stefanie macht Mode! Und was für eine!
Mit dem Wort „exotisch“ kommt man schon ganz nah an ihre Art der Gestaltung heran. Sie arbeitet viel mit afrikanischen Stoffen, die man auch in Köln bekommen kann. Auch wenn ihre Werke in einem gleichen Stil gehalten werden, sind sie doch alle unterschiedlich. Und sie können immer neu kombiniert werden. Inspiration holt sie sich überall – auch auf der Strasse. Nur, sie kopiert nichts. Sie interpretiert europäische und afrikanische Mode neu, es entsteht dabei etwas ganz anderes.

Ihre Arbeit hat sie in zwei Abschnitte geteilt: im Winter stricken, im Sommer nähen. Aber einen „normalen“ Pullover zu stricken wäre auch zu langweilig. So hat Stefanie eine neue Strickart kennengelernt, nämlich eine tunesische. Das liegt etwa zwischen stricken und häkeln. In ihrem Arsenal gibt es eine Häkelnadel mit Häkchen auf beiden Seiten. Wenn jemand dabei gerade keine Nadeln zur Hand hat, kann Stefanie zeigen, wie das auch ohne Nadeln gehen könnte! Mit dem Finger! Und das ist noch nicht alles! Für Stefanie ist es Ehrensache die Wolle selbst zu spinnen. Da ist etwas Archaisches dabei und es wirkt nebenbei sehr beruhigend. Sie betrachtet es als eine Art Meditation, die neue Ideen mit sich bringt.

Solche Handwerke verschwinden langsam von der Bildfläche. Das tut ihr weh. Um diese traurige Entwicklung irgendwie aufzuhalten, hat Stefanie einen Blog eingerichtet: „Kreativ mit Täschwerk“. Das ist Kölsch, aber jeder wird sofort verstehen, worum es hier geht, nämlich um Taschen. Die macht Stefanie auch.

Dieses Hobby bringt nicht viel Geld in die Kasse, dafür aber viel Freude. Stefanie hat ein Produkt entwickelt, das sie auf den Markt bringen will: Die so genannten „Antimüffelsäckchen“, besonders interessant für Sportler, deren Schuhe duften manchmal nicht so, wie man sich wünschen würde! Die Zusammensetzung von Inhaltstoffen ist ihr gut gehütetes Geheimnis. Aber mit dem Säckchen duften die Schuhe nachhaltig angenehmer!

Sie geht ihrem Hobby weiterhin nebenberuflich nach. Von Langeweile also keine Spur! Stefanie wundert sich immer wieder über Menschen, die mit ihrer Freizeit nichts anzufangen wissen. Das ist unvorstellbar für Stefanie Bettmann, unserer heutigen Heldin. Sie würde sich wünschen, dass alle Menschen eine Beschäftigung finden, die sie mit Freude erfüllt und diese Freude dann weitergäben an ihre Mitmenschen. Dann wäre die Welt ein bisschen besser!
 
Text und Fotos: Larissa Owtscharenko.
02.10.2016

Neuer Workshop von Stefanie Bettmann

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