Längstes innerstädtisches 380.000-Volt-Erdkabel Deutschlands in Betrieb

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Ende Juni floss nach rund zweijähriger Bauzeit erstmals Strom durch den neuen 380.000-Volt-Anschluss für das Gas- und Dampfturbinenkraftwerk Niehl 3, das im Frühjahr 2016 ans Netz geht.

Für den Kölner Energieversorger ist dieser 16 Kilometer lange Anschluss eine Verbindung der besonderen Art: Das neun Kilometer lange Erdkabel, das zusammen mit einer sieben Kilometer langen 380.000-Volt-Freileitung das neue Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Niehl mit dem Höchstspannungsnetz in Opladen verbindet, ist nicht nur das längste innerstädtische 380.000-Volt-Erdkabel Deutschlands, sondern auch die erste Anlage die die RheinEnergie auf dieser Spannungsebene baut und betreibt.

Wichtiger Beitrag zur Energiewende

Die Fertigstellung und Inbetriebnahme des Anschlusses ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur effektiven, klimafreundlichen und günstigen Stromversorgung Kölns. Dank des Anschlusses ans Höchstspannungsnetz kann jederzeit der gesamte in Niehl 3 produzierte Strom abgeleitet werden. Die Anlage kann damit Schwankungen in der Stromerzeugung aus Erneuerbarer Energie ausgleichen – ein wichtiger Beitrag zur Energiewende.

„Wir sind sehr stolz und glücklich, dass wir in enger Zusammenarbeit mit den zahlreichen projektbeteiligten Firmen ein technisch so komplexes Vorhaben termingerecht umsetzen konnten. Es waren zwei spannende Jahre, in denen wir einiges an Erfahrung auf für uns bisher neuen Gebieten sammeln konnten und gemeinsam mit allen Beteiligten jede Herausforderung erfolgreich gemeistert haben“, so Dr. Andreas Cerbe, Netzvorstand der RheinEnergie.

Die termingerechte Fertigstellung des Anschlusses war deshalb so wichtig, da ohne diesen eine Inbetriebnahme des neuen Kraftwerks nicht möglich ist: Um einzelne Kraftwerkskomponenten wie beispielsweise die Kühlung oder die Turbinen in Betrieb zu nehmen, wird Strom benötigt, der über den neuen Anschluss aus Opladen fließt. Jede zeitliche Verzögerung hätte somit den kompletten Zeitplan des Mammut-Projekts „Niehl 3“ durcheinander gebracht, in das die RheinEnergie insgesamt rund 350 Millionen Euro investiert.

Technische Höchstleistungen beim Kabelzug

Die Lage des Kraftwerks im Niehler Hafen stellte die Ingenieure bereits vor Baubeginn des Anschlusses vor eine große Herausforderung. Für das Erdkabel musste eine Trasse gefunden werden, die sowohl den besonderen Bedürfnissen der Anwohner im Kölner Norden, als auch den technischen und wirtschaftlichen Anforderungen entspricht.

„Die Kabel haben einen Durchmesser von etwa 13 Zentimetern und lassen sich nicht abknicken oder in engen Kurven legen. Der Biegeradius darf vier Meter nicht unterschreiten“, erklärt Gesamtprojektleiter Ulrich Wiesmann, „jede Kurve hat eine Erhöhung der sogenannten Zug- und Radialkräfte zur Folge, die die Kabel mechanisch belasten und beschädigen könnten“, so Wiesmann weiter.

Es musste eine Trasse ohne viele Kurven gefunden werden, die außerdem wenige Straßen, Brücken und Gleise kreuzt, da diese in aufwendigen Verfahren unterquert werden müssen. Eine weitere technische Herausforderung war das Durchqueren der Hochwasserschutzwand im Niehler Hafen.

Vor dem Kabelzug wurden zahlreiche Gutachten erstellt, um die Machbarkeit des Projektes zu überprüfen. Von besonderem Interesse waren die Ableitung der im Kabel entstehenden Wärme, die elektromagnetische Verträglichkeit und die beim Einziehen auftretenden Kräfte.

Der Kabelzug selbst war ebenfalls ein spektakulärer Vorgang, von dem sich Dr. Andreas Cerbe mehr als begeistert zeigte: „Erdkabel dieser Dimension verlegt auch ein Unternehmen wie die RheinEnergie nicht jeden Tag. Der Kabelzug war für uns ein wichtiger Meilenstein beim Bau unseres neuen Kraftwerks, eines der wichtigsten Projekte der RheinEnergie in den letzten 30 Jahren.“

Beim Kabelzug kamen spezielle hydraulische Schubgeräte und Zugwinden in der Größe von Sattelschleppern zum Einsatz, die das Kabel mit einer Kraft von bis zu fünf Tonnen und einer Geschwindigkeit von circa zehn Metern pro Minute in Leerrohre einzogen. Geliefert wurden die Kabel auf riesigen rund 25 Tonnen schweren und über vier Meter hohen Kabeltrommeln.

Mehr als 50 projektbeteiligte Firmen

Neben technischem Know-How war bei den Projektbeteiligten auch ein Höchstmaß an Organisationstalent gefragt: Für den Anschluss vergab die RheinEnergie über 500 einzelne Aufträge an Ingenieurbüros, Gutachter, Baufirmen und Anlagenlieferanten. Diese wurden von einem hochmotivierten Team aus unterschiedlichen Fachbereichen der Rheinischen NETZGesellschaft und der RheinEnergie koordiniert und abgestimmt.

Sieben Kilometer lange Freileitung über den Rhein

Das Projektteam plante und realisierte neben der Erdkabeltrasse auch den zweiten Abschnitt des Kraftwerksanschlusses: Ab dem Umspannwerk Merkenich verläuft die 380.000-Volt-Verbindung als Freileitung weiter bis nach Opladen zum Einspeisepunkt des Netzbetreibers Amprion. Für die Freileitung war ein Planfeststellungsverfahren bei der Bezirksregierung erforderlich, das innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden konnte.

Zudem mussten zwei bestehende 110-000-Volt-Leitung ab- und 17 neue Masten mit einer Höhe von bis zu 70 Metern aufgebaut werden. In einem spektakulären Montageverfahren verschraubten Industriekletterer die Mastelemente mit Hilfe von Spezialkränen in schwindelerregender Höhe.

Auch der Bau der Freileitung war eine herausfordernde Aufgabe: Die Leitung quert sowohl den Rhein und im späteren Verlauf die Wupper, als auch die Autobahnen A1 und A59. Diese mussten für das Ziehen der Seile von Mast zu Mast kurzfristig komplett gesperrt werden. Zudem wurden eigens für die rechtsrheinischen Masten Baustraßen angelegt, in deren Verlauf eine Behelfsbrücke über die Wupper errichtet wurde. Deren Pontons mussten nicht nur den tonnenschweren Baufahrzeugen, sondern auch dem Wupper-Hochwasser im vergangenen Herbst standhalten.

Neues Umspannwerk reagiert in Millisekunden

Als Teil das Kraftwerksanschluss entstand auf dem Gelände das neue Umspannwerk „Niehler Hafen“. Dieses wurde in einer speziellen Technik gebaut, die zum einen auf eine neuartige Weise isoliert ist und zum anderen besonders schnell reagiert und in Millisekunden zu- oder abgeschaltet wird.

Von der Schaltanlage aus wird zur Zeit eine weitere Anbindung an das 110.000-Volt-Netz der RheinEnergie gebaut, die Ende des Jahres fertig sein wird. Dazu wird unter anderem die neue Rheinquerung im Kölner Norden genutzt, an der bereits gearbeitet wird.

„Die gesamte Anlage ermöglicht es uns, den in Niehl 3 erzeugten Strom künftig nicht nur über den 380-Kilovolt-Anschluss in das Höchstspannungsnetz einzuspeisen, sondern auch teilweise in das 110-Kilovolt-Verteilnetz der RheinEnergie zu lenken“, so Heinz Uhlenküken, der von Seiten der Rheinischen NETZGesellschaft als Hochspannungsexperte für das Projekt zuständig ist.

Niehl 3 – eine der effektivsten Energieanlagen Europas

Die RheinEnergie investiert rund 350 Millionen Euro in ihr neues Gas- und Dampfturbinenheizkraftwerk.

Dieses versorgt in Kraft-Wärme-Kopplung bis zu eine Million Haushalte mit Strom und liefert zusätzlich klimafreundliche Fernwärme für rund 30.000 Haushalte. Dank einem Wirkungsgrad von 86 Prozent lassen sich jährlich im Vergleich zu älteren Anlagen rund 400.000 Tonnen CO2 einsparen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel lobte Niehl 3 bei einem Baustellenbesuch als „beispielhaft“ und als „ein wichtiges Projekt, das zum Gelingen der Energiewende beitragen werde.“

RheinEnergie, 15.07.2015

Symbolfoto: pixabay.com

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