Der erste Versuch stimmte gleich positiv ein: Verkäuferin Özlem im Kiosk am Pescher Gymnasium weigerte sich mit klarem „Nein!“ unserem Tester Leon (13) eine Flasche Vodka zu verkaufen. „Ja, die Kinder kommen immer wieder vorbei,“- erzählt die zierliche Verkäuferin Özlem – „und versuchen Tabak oder Spirituosen zu kaufen. Die Nummer kommt bei mir nicht durch. Manche versuchen es mithilfe der Erwachsenen, die an der Haltestelle schräg gegenüber auf den Bus warten. Aber auch das durchschaue ich.“ Die Enttäuschung wartete auf die kleine Redaktionstruppe aber schon beim zweiten Kiosk in Weiler.
Die Vorgeschichte: Im März hat unsere Redaktion zusammen mit der NRW Jugend-Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V., ein neues Projekt „Junge Reporter“ ins Leben gerufen. Das Projekt ist offen für alle Jugendlichen aus dem Bezirk Chorweiler. Das Ziel ist, den Schülern Einblick in journalistisches Handwerk zu vermitteln und ihre sozial-politische Kompetenz zu fördern. Der Test am 20. April war der Auftakt. Es mussten fünf Kioske und ein Lebensmittelgeschäft in Pesch, Weiler, Fühlingen, Seeberg, Chorweiler-Nord und Chorweiler-Mitte geprüft werden, ob diese Alkohol an Jugendliche verkaufen. Leider ist der mangelnde Jugendschutz in dem Bereich ein sehr verbreitetes Phänomen, nicht nur in Köln, sondern deutschlandweit. Für die Tester Chiara (15) und Leon (13) war es ein aufregendes Abenteuer. Ausgestattet mit je 10 Euro Scheinen, mussten sie versuchen, an Spirituosen bzw. Tabakwaren zu kommen.
Die zweite Station in Weiler war der erste Schock: Der Verkäufer erkundigte sich freundlich bei Chiara, ob sie doch nicht gleich zwei kleine Flaschen Vodka nehmen möchte (die 10 Euro reichten ja dafür). Im Gespräch mit dem Redaktionsmitglied, erzählte der junge Mann dann später, er konnte bei dem Mädchen ihr junges Alter visuell nicht feststellen.
Spoiler: Die gleiche Antwort bekamen wir nach jedem „erfolgreichen“ Kauf von Alkohol.
Positiv zu erwähnen ist, dass es Leon kein einziges Mal gelungen ist, Zigaretten zu kaufen. Da waren die Kioskverkäufer in Seeberg, Fühlingen und Chorweiler-Mitte konsequent: Jugendschutz geht vor.
Die Alkohol-Quote bei Chiara war leider 100%. In zwei Kiosken und einem Lebensmittelgeschäft bekam sie die Vodkaflasche. Nur in einem Kiosk fragte sie der Verkäufer nach dem Ausweis, verkaufte ihr den Vodka aber dann doch.
Laut Statistik haben 85 % der 15-jährigen Deutschen schon Erfahrungen mit Alkohol gemacht – 25 % mehr als noch im Jahr 2002. Tendenz weiter steigend. Leider bestätigt unser Test, dass die Jugendlichen im Bezirk Chorweiler offensichtlich sehr leicht an den Alkohol kommen. Und das dürfte bei der Politik und bei den Verantwortlichen bei der Stadt Köln die Alarmglocken läuten lassen.
21.04.2017, Alexander Litzenberger
O-Ton unserer Testperson Chiara (15)
„Als wir auf dem Weg zum ersten Kiosk waren war ich mega aufgeregt. Nachdem Leon zum ersten Kiosk gegangen war, war meine Aufregung fast weg. Der nächste Kiosk sollte meine Aufgabe sein. Mir/uns wurde gesagt, wir sollten gelassen sein und dies versuchte ich umzusetzen. Als ich nun im Kiosk war und nach einer Flasche Vodka gefragt hatte, fragte mich der Verkäufer ob ich eine oder zwei Flaschen haben wolle, doch eine reichte und er verkaufte sie mir ohne mit der Wimper zu zucken.
Als ich dann in den zweiten Laden gegangen war und mir eine große Flasche Vodka ausgesucht hatte und damit zur Kasse gegangen war und die Flasche bezahlte, guckte die Kassiererin mich nicht wirklich an und verkaufte sie mir wie der Mann im ersten Kiosk, ohne nachzudenken.
Im dritten Kiosk (mein letzter Versuch etwas zu ergattern), war ein Mann, dem ich sagte das ich gerne eine Flasche Vodka haben möchte, er gab sie mir und fragte nach einer kurzen Zeit ob er den Ausweis haben kann, darauf sagte ich ihm, dass ich ihn vergessen hätte und er sagte, wenn ich 18 sei, würde er mir den Vodka verkaufen. Ich habe darauf verwirrt geantwortet : Naja ich bin nicht ganz 18!!!! Der Mann sagte, ich soll die Vodka-Flasche in die Tasche stecken, dann ginge es. Das war die einzige Person von meinen Versuchen, die meinen Ausweis sehen wollte und obwohl ich meinen Ausweis nicht dabei hatte, verkaufte er mir den Vodka.
Für mich war das ein Projekt, was mir Spaß gemacht hat und ich finde es gut, dass man sich dafür einsetzt!!!“