Laut einer bundesweiten Forsa-Umfrage engagieren 22 Prozent der Eltern kostenpflichtige Nachhilfe für ihre Kinder, wobei der Anteil bei Kindern in höheren Klassen (ab Klasse 11) auf 37 Prozent steigt. Gründe dafür sind Zeitmangel, Fachwissen und Konflikte beim Üben. Eltern mit Haupt- oder Realschulabschluss nutzen Nachhilfe etwas häufiger (25 Prozent) als solche mit Abitur oder Hochschulabschluss (19 Prozent). Das Haushaltsnettoeinkommen spielt dabei keine Rolle, was möglicherweise auf die Finanzierung durch das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) zurückzuführen ist, das seit 2011 besteht.
Nachhilfe verbessert nicht nur Noten, sondern fördert auch Lerntechniken und Selbstbewusstsein. 88 % der Eltern fordern daher kostenfreie Nachhilfe für alle Kinder, unabhängig vom Einkommen.
Die Schülerhilfe in Chorweiler feierte 2024 ihr 10-jähriges Jubiläum. Die Chorweiler-Filiale liegt direkt an der Haltestelle Chorweiler und ist sowohl mit der U-Bahn, der S-Bahn als auch mit dem Bus sehr gut zu erreichen.
Wir haben ein Interview mit dem Inhaber, Dipl.-Math. Dimitrij Nosko, und der Schülerhilfeleiterin Terez Di Guardia geführt.
Redaktion: Frau Di Guardia, ezählen Sie bitte etwas über sich selbst.
Terez Di Guardia: Ich bin 63 Jahre alt, habe zwei erwachsene Kinder und wohne in Köln-Pesch. In der Schülerhilfe Chorweiler arbeite ich seit 2014. Wenn ich mal durch das City-Center gehe, treffe ich immer Kinder oder Eltern, die bei uns schon mal waren oder sind. Schließlich haben uns in den 10 Jahren knapp 2.000 Kinder aus etlichen Grund- und weiterführenden Schulen im Kölner Norden besucht.
Redaktion: Ab welcher Klasse nehmen Sie Kinder in Ihre Filiale auf?
Terez Di Guardia: Wir nehmen Kinder ab der zweiten Klasse auf. Ab und zu sprechen uns Eltern von Erstklässlern an, ob sie zu uns kommen können, aber davon raten wir ab. Die Kinder sind in der Schule noch gar nicht angekommen; für sie ist es noch eine Art Spiel. An das Schulleben müssen sie sich erst gewöhnen. Unterricht bei uns nach der Schule bedeutet für die Kleinen eine hohe Belastung, der sie psychisch noch nicht gewachsen sind.
Redaktion: In manchen Schulen bzw. Klassenstufen gibt es noch die klassischen Hausaufgaben. Kümmern Sie sich auch darum?
Terez Di Guardia: Manche Eltern möchten, dass ihr Kind nur die Hausaufgaben in unserer Filiale macht. Unsere Nachhilfelehrerinnen und Nachhilfelehrer versuchen auch hier zu helfen, aber das ist nicht unser Schwerpunkt. Uns geht es in erster Linie um eine nachhaltige Verbesserung der schulischen Leistung. Man kann das nur erreichen, wenn Wissenslücken geschlossen werden, die in der Vergangenheit entstanden sind. Natürlich achten wir darauf, welche aktuellen Themen in der Schule behandelt werden, und integrieren diese in die Arbeit unserer Nachhilfelehrer.
Redaktion: Wie erkennen die Eltern, dass ihr Kind Hilfe braucht?
Terez Di Guardia: Wenn mehrere Klassenarbeiten hintereinander schlecht benotet werden, sollten Eltern alarmiert sein und das Gespräch mit dem Kind und der Schule suchen. Oft stellt sich heraus, dass professionelle Hilfe wie unsere Schülerhilfe dringend geboten ist. Unsere Erfahrung zeigt, dass fast jedes Kind, wenn es motiviert mitarbeitet, nach circa sechs Monaten seine Leistung um mindestens eine Note verbessert. Das kann im Extremfall die Versetzung retten.
Als meine Kinder noch in der Schule waren, habe ich sie immer gefragt, wann die Klassenarbeit zurück ist. Sie wussten, dass sie mir diese zeigen sollen. Viele Eltern fragen heutzutage leider nicht mehr danach. Wenn sie dann vom Lehrer erfahren, dass das Kind Gas geben muss, weil die Noten schlecht sind, ist der Druck groß. Oft haben berufstätige Eltern wenig Zeit, was verständlich ist. Dennoch appellieren wir unermüdlich an die Eltern, mehr Zeit für ihre Kinder zu nehmen und den schulischen Alltag zu besprechen.
Dimitrij Nosko: Schulische Probleme resultieren oft daraus, dass Kinder den Anschluss in einem Fach verpassen und sich die Probleme häufen. Auch die familiäre Situation – Streitigkeiten zwischen den Eltern oder gar eine Scheidung – sowie ein Lehrer- oder Schulwechsel wirken negativ auf die Leistung der Kinder. Letztendlich spiegelt sich das in den Noten wider.
Redaktion: Wie kann dem Kind geholfen werden?
Terez Di Guardia: Manche Eltern meinen: „Mein Kind ist faul.“ Ich sage immer: „Ja, das kann vorkommen, aber die meisten Kinder sind nicht faul.“ Eine 14-jährige Schülerin hat bei uns innerhalb eines halben Jahres ihre Note in Englisch von einer 5 auf eine 1 verbessert. Sie kam sogar in den Erweiterungskurs ihrer Schule. Solche Erfolge freuen uns natürlich. Selbst, wenn es „nur“ eine Notenverbesserung ist, ist das ein großer Schritt.
Redaktion: Wie sorgen Sie dafür, dass Kinder in der Nachhilfe Erfolge erzielen?
Terez Di Guardia: Wir legen viel Wert auf Disziplin und aktive Mitarbeit während der Stunden. Unsere Nachhilfelehrerinnen und -lehrer verfügen über sehr gute Fach- und pädagogische Kenntnisse. Sie achten auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder und versuchen, ihnen das selbstständige Lernen beizubringen. Sie schreiben täglich Protokolle, in denen die Anwesenheit, die Mitarbeit in der Stunde und die Erfolge in den jeweiligen Fächern festgehalten werden. Es wird auch vermerkt, wann und wie die Kinder ihre Klassenarbeiten geschrieben haben. Falls ein Kind in den Protokollen negativ auffällt, führe ich ein Vier-Augen-Gespräch mit ihm in meinem Büro, um vertrauensvoll herauszufinden, woran es liegt. Diese Protokolle sind auch bei Elterngesprächen hilfreich. Leider berichten Kinder aus manchen Schulen, dass sie bei Problemen wenig Gehör bei den Stufenleitern finden. Das hat vermutlich auch mit der Personalnot an Schulen zu tun.
Redaktion: Wie effektiv ist die Schülerhilfe? Gibt es Statistiken, die belegen, dass die meisten Kinder ihre Noten verbessern?
Dimitrij Nosko: Unsere Zentrale hat diese Frage in den Filialen statistisch erfasst und festgestellt, dass die meisten Kinder nach einem halben Jahr in einer Schülerhilfefiliale ihre Noten um mindestens einen Punkt verbessern. Unsere Erfahrung zeigt: Diejenigen, die regelmäßig kommen und mitmachen, verbessern sich immer. Ich möchte betonen, dass dabei auch die Unterstützung der Eltern nach wie vor wichtig ist. Sie sollten mit ihren Grundschulkindern zum Beispiel Vokabeln üben und ihnen Bücher vorlesen. Es zählen auch ganz banale Dinge, wie sicherzustellen, dass das Kind in der Schülerhilfe seine Lehrbücher dabei hat und bereits zu Mittag gegessen hat.
Terez Di Guardia: Leider kommt es vor, dass manche Kinder mit leerem Magen zu uns kommen. So können sie sich aber nicht konzentriert arbeiten. Es würde reichen, wenn Kinder ein paar Euro von den Eltern bekommen, damit sie sich zum Beispiel bei einer Bäckerei in der Nähe einen Snack holen können. Ich musste schon das eine oder andere Mal ein paar Brötchen aus eigener Tasche besorgen, weil Kinder gesagt haben, dass sie Hunger haben. Auf Dauer ist das natürlich keine Lösung.
Damit die Kinder sich auf das Lernen konzentrieren, nehmen wir ihnen die Smartphones weg. Die Geräte werden lautlos gestellt und kommen in einen separaten Korb. Wir sagen den Kindern immer wieder: „Was ihr hier lernt, ist nur für euch. Das macht ihr nur für eure Zukunft.“
Dimitrij Nosko: Wir versuchen, ihnen klar zu machen, dass die Nachhilfe keinen Mehraufwand bedeutet: „Du würdest sonst die gleiche Zeit zu Hause sitzen und versuchen, irgendwie die Hausaufgaben zu machen. Bei uns bekommst du jede Hilfe, die du brauchst, bist mit den Aufgaben schneller fertig und kannst deine Freizeit genießen.“
Redaktion: Es ist keine Seltenheit, dass Eltern auch versuchen, privat Hilfe für ihre Kinder zu organisieren – sei es durch pensionierte Lehrerinnen und Lehrer oder Studentinnen und Studenten. Welche Vorteile bieten Institutionen wie die Schülerhilfe?
Terez Di Guardia: Ich kann das an einem Beispiel aus eigener Erfahrung erklären: Mein ältester Sohn brauchte auf der weiterführenden Schule Hilfe in Mathematik. Wir haben uns umgeschaut und in der Zeitung nach Anzeigen gesucht. Letztendlich baten wir eine Studentin, unserem Sohn Nachhilfe zu geben. Leider kam sie nicht immer pünktlich. In der Stunde redete sie zuerst über Gott und die Welt mit unserem Sohn, sodass für den Unterricht höchstens 30 Minuten übrig blieben. Und das ging wochenlang so, ohne Fortschritte in der Schule. Dann besuchte ich den Studienkreis im gleichen Gebäude, wo wir uns jetzt befinden, und erkundigte mich. Schon am nächsten Tag hatten wir einen Termin für unseren Sohn. Nach acht Monaten hatte er sich in Mathematik so verbessert, dass ich ihn abmelden konnte. Hier ist es fast wie in der Schule, nur nicht mit 25 Kindern, sondern mit fünf bis sechs in der Gruppe. Da lernen sie auch. Die Nachhilfelehrer arbeiten mit ihnen von der ersten bis zur letzten Minute.
Dimitrij Nosko: Natürlich gibt es auch gute Nachhilfelehrer, die privat unterrichten; wir möchten nicht pauschalisieren. Bei uns gibt es jedoch selten Unterrichtsausfall, weil ein Nachhilfelehrer krank geworden ist. Die Kinder haben eine angenehme Umgebung, die das Lernen fördert und nicht ablenkt. Wir stellen nur qualifiziertes Personal ein und haben feste Zeiten, sodass Familien mit uns planen können.
Wir sind letztendlich einfacher, strukturierter und zuverlässiger. Auch die guten Google-Bewertungen geben uns Recht.
Terez Di Guardia: Das bestätigt auch eine Umfrage unter unseren Schülern, von denen 99 % angeben, dass sie mit den Nachhilfelehrern zufrieden sind. 95 % haben ihre Noten bei uns verbessert, und 100 % sagen, dass sie uns weiterempfehlen würden. Schauen Sie sich einfach unsere „Sternenwand“ an, auf der die Kinder stolz ihren Vornamen und die Note für die Klassenarbeit auf einem Zettel schreiben und anpinnen.
Redaktion: Wird das Bildungs- und Teilhabepaket für Hartz-IV-Empfänger in Anspruch genommen?
Dimitrij Nosko: Ja, wir haben mittlerweile gute Erfahrungen mit diesem Instrument gemacht. Betroffene können einfach bei uns vorbeikommen, sich beraten lassen und die Unterlagen abholen. Am Anfang muss die Schule auf einem Formular bestätigen, dass das Kind Förderbedarf hat. Ohne diese Bestätigung wird die Leistung nicht genehmigt. Wenn dieser Schritt erledigt ist, muss nur noch der Bewilligungsbescheid für Hartz IV nachgereicht werden. Die Anmeldung übernehmen wir dann. Wir laden alle Eltern ein, um ihnen diesen Vorgang ausführlich zu erklären. Bei den Formalitäten stehen wir mit Rat und Tat zur Seite. Auch wenn Kinder schon die Schülerhilfe besucht haben und die Familie später staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen musste – es kann alles im Leben passieren –, kann durch das Bildungs- und Teilhabepaket sichergestellt werden, dass das Kind weiterhin unsere Förderung bekommt.
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