„Andere Parteien haben sich nur grün angestrichen“

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Dirk Basauri Muñoz, Vorstandvorsitzender des Ortsverbandes  BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Chorweiler . Geboren in Ostwestfalen, hat in Bonn Diplom Physiker gemacht und danach nach Köln gezogen, wo er seit über 25 Jahren in Volkhoven wohnt. Er ist IT-Spezialist und arbeitet seit 24 Jahren bei der Deutschen Post in Bonn. Bei den Grünen ist er seit 1980 dabei, damals als Schüler. Bedingt durch das Studium länger pausiert und seit ca. 2013 wieder aktiv in der Partei geworden. Seit fünf Jahren ist Dirk Basauri Muñoz Vorsitzender des Ortsverbandes der Grünen.

Chorweiler-Panorama (CP): Sie vertreten eine Partei, die in der öffentlichen Wahrnehmung ein scharfes Profil hat, man kann sie gut zuordnen. Sie decken natürlich auch ein breites Spektrum an Themen ab. Sie werden vor allem mit den Themen Umweltschutz und Schutz der Minderheiten identifiziert.

Dirk Basauri : Ja, aber der Umwelt- und Artenschutz greifen, besonders in Zeiten der Corona-Pandemie, auch in die Wirtschaftspolitik ein. Wenn wir den Tieren den Lebensraum wegnehmen, dann kommt es eben zum Überspringen von Viren von Tieren auf Menschen. Oder das zunehmende Unwetter schädigt letztendlich auch die Wirtschaft. Von daher ist der Klimaschutz auch Wirtschaftspolitik. Wir haben inzwischen in unserem Ortsverband auch Landwirte. Nicht immer die natürlichen Freunde der Grünen (lächelt).

CP: Bezirk Chorweiler gilt als grüner, naturnaher Stadtbezirk in Köln. Wir haben den Fühlinger und den Escher See, den Rhein, die Wälder um das Wasserwerk. Gibt es bei uns Probleme mit dem Erhalt der Natur?

Dirk Basauri: Es gibt natürlich die Konkurrenz Naturschutz gegen Freizeitnutzung. Das ist an den Seen und am Rhein ein bisschen ein Streitpunkt. Es geht halt nicht anders, man muss die Naturschutzgebiete wahren, die eben nicht zur Freizeitnutzung zur Verfügung stehen. Aber sonst haben wir doch recht viele Möglichkeiten die Freizeit in der Natur zu verbringen

CP: Wie sehen Sie den Konflikt in Worringen, wo eine Bürgerinitiative gegen die Sperrung von Teilen der Rheinaue kämpft?

Dirk Basauri: Unser Mitglied Wolfgang Kleinjans hat sich damit als Bezirksvertreter beschäftigt. Man musste eine grüne Ausfallfläche für die Leverkusener Brücke schaffen. Man hat dann einfach in Worringen dieses Stück dazu gemacht. Das war wohl von der Bürgerbeteiligung suboptimal gelaufen. Aber solche Probleme treten überall auf, man kann halt den Baugrund nicht beliebig vermehren. Wenn ich, zum Beispiel, mehr Radwege baue, dann muss ich jemand anderem etwas wegnehmen. Habe ich mehr Radweg, habe ich weniger Platz für die Autos oder für die Fußgänger. Die Häuser kann man doch nicht wegsprengen. Genauso in den Naturgebieten. Dann muss man einen Kompromiss finden.

Die Grünen-Kandidatinen und Kandidaten 2020

CP: Bleiben wir beim Thema Fahrrad. Auf Ihrer Website schreiben Sie, dass Sie erreicht hätten, dass die Radwege im Bezirk saniert wurden. Sie beziehen sich vermutlich auf die Oranjehofstraße am Fühlinger See. Es ist eine tolle Sache. Aber viele andere Radwege im Bezirk sind doch immer noch renovierungsbedürftig.

Dirk Basauri: Es ist, in der Tat noch sehr viel Bedarf da zu sanieren, bzw. für Neubau. Besonders fehlt ein Radweg an der schmalen Straße Blumenbergsweg in Blumenberg. Es ist schwieriger von Esch nach Volkhoven zu kommen, als mit dem Fahrrad.

CP: In mehreren Stadtteilen im Bezirk liegt oft viel Müll. Nicht nur auf der Straße, wo die AWB ihn regelmäßig wegräumt, aber auch im Grünen, wo sie nicht drankommt. So liegt Plastik, Papiertüten, Pizzakartons monatelang im Busch und schadet der Natur. Was können die Grünen im Bezirk machen, um die Menschen zu sensibilisieren mit der Natur achtsam umzugehen?

Dirk Basauri: Das ist Sisyphusarbeit, man muss den Müll immer wegräumen, damit nicht mehr Müll dazu kommt, wir kennen ja das Problem. Was wir auch in mehreren Sprachen angeregt haben ist, den Leuten zu beschreiben, wie bestelle ich die AWB, – und es kostet nichts. Es setzt natürlich voraus, dass der Wille da ist, das zu tun. Es gibt Leute, die stört es nicht. Man muss dann sagen, dass diese Müllablage nicht normal ist. Notfalls mit ein bisschen Druck.

Kreuzfeld ist schon Thema seit 20 Jahren. Wir sind inzwischen nicht mehr pauschal gegen Kreuzfeld aber wir wollen keine Schlafstadt haben.

CP: Es gibt auch recht viel wilden Müll wo Bauabfall im Wald abgelegt wird. Die Strecke der S-Bahn hinter Blumenberg ist so eine, selbst im Weiler Wasserschutzgebiet werden immer wieder Bauabfälle “deponiert”.

Dirk Basauri: Vielleicht sollte man, mit mehr Kontrollen, dann auch empfindliche Bußgelder verhängen. Manche sind unbelehrbar. Mehr Kontrollen bedeutet, mehr Personal von Seiten der Stadt einsetzen. Anders, glaube ich, kann man nicht weiterkommen.

CP: Die Natur in Chorweiler, wie auch sonst woanders, leidet unter dem Wassermangel. Wir haben vor zwei Jahren über eine Frau aus Seeberg berichtet, die für die Tiere und Vögel im Park Wasserschalen aufstellte. Könnten die Grünen im Bezirk solche Initiativen fördern?

Dirk Basauri: Zum Baumbewässern haben wir, meines Wissens, auf Facebook aufgerufen. Wobei wir privat das um das Haus herum machen. Allerdings bei 37 Grad kann man auf lange Zeit dagegen schwer etwas tun.

CP: Auf Ihrer Webseite steht, dass sie “Keinen Flächenverbrauch durch neue Großsiedlungen” fordern. Heißt es etwa, Ihre Partei ist gegen Kreuzfeld?

Dirk Basauri: Nein. Kreuzfeld ist schon Thema seit 20 Jahren. Wir sind inzwischen nicht mehr pauschal gegen Kreuzfeld aber wir wollen keine Schlafstadt haben. Wenn schon, dann muss es ökologisch gebaut werden: Mit Dachbegrünung, keine Flächenversiegelung, wo es nicht nötig ist. Es muss Infrastruktur vorhanden sein: lokaler Handel, Kita, ggf. Schule.

Beim Aufhängen meines Wahlplakates schimpfte ein Senior auf dem Fahrrad, ob der Kandidat ein Deutscher ist. Wegen dem Namen vermutlich, den die meisten als spanisch empfinden.

CP: Ihre Position scheint sehr ähnlich wie die der SPD oder CDU zu sein?

Dirk Basauri: Klar, wir können in bestimmten Punkten einig sein, kein Problem.

CP: Mal ein aktuelles Thema. Wie läuft Ihr Wahlkampf?

Dirk Basauri: Wir hatten, bis jetzt, zwei Stände in Heimersdorf. (Stand 25. September). Das ist eher beschaulich und ruhig, ohne Zwischenfälle. Einmal haben wir Pendlerwahlkampf in Chorweiler an der S-Bahn-Station gemacht. Ansonsten, das übliche – Plakate hängen, was für unseren kleinen Ortsverband schon eine Herausforderung ist. Mit drei Teams haben wir schon circa 40 Stunden bei der Plakatierung von ca. 200 Plakatstandorten gebraucht. Wir haben eine Veranstaltung im Lino-Club und am 5. September, – und haben einen Wahlkampfstand in Chorweiler. Und in den Medien sowieso.

CP: Die Grünen engagieren sich auf allen politischen Ebenen für die Minderheiten. Auch gegen Rassismus. Ist Rassismus auch ein Thema in unserem Bezirk?

Dirk Basauri: Ich sehe das in meinem persönlichen Bereich auch. Mein Lebenspartner ist erkennbar Latino, es ist schon passiert, dass sich Leute in der Bahn wegsetzen oder, schon vor Coronazeiten, in dem vollbesetzen Wagen nicht ihre Tasche neben sich auf dem Sitz wegnehmen. Wenn man die Leute darauf anspricht, kommt eine gewisse Ignoranz zutage. Das ist bei allen sozialen Schichten und Altersgruppen so. Sporadisch, – es ist nicht so, dass man es ständig erlebt. Aber, es passiert, man sieht es. Und mich ärgert so etwas. Beim Aufhängen meines Wahlplakates schimpfte ein Senior auf dem Fahrrad, ob der Kandidat ein Deutscher ist. Wegen dem Namen vermutlich, den die meisten als spanisch empfinden.

Es gibt natürlich die Konkurrenz Naturschutz gegen Freizeitnutzung. Das ist an den Seen und am Rhein ein bisschen ein Streitpunkt. Es geht halt nicht anders, man muss die Naturschutzgebiete wahren, die eben nicht zur Freizeitnutzung zur Verfügung stehen.

CP: In der Presse wird immer wieder erwähnt, dass Chorweiler homophob sei. Zuletzt beschwerte sich ein bekennender Schwule im Kölner Stadt-Anzeiger: “Als schwules Pärchen geht man in Chorweiler eher nicht Hand in Hand”. Wie kann man dem entgegenwirken?

Dirk Basauri: In Chorweiler passiert weniger als auf dem Hohenzollernring oder auf dem Friesenplatz. Vom mir aus kann ich die vermeintliche Homophobie nicht bestätigen. Wenn es sie gibt, dann nicht mehr, als woanders auch. Ich habe viele Schwule in meiner Nachbarschaft, da hat nie jemand beim Ausgehen etwas gesagt. Volkhoven ist allerdings schon etwas mehr bürgerlich. Mein Lebenspartner hat einige Jahre bei Mc Donalds in Chorweiler gearbeitet und musste nachts über die Brücke nach Volkhoven. Da ist nie etwas passiert. Nur ein Mal wurde er überfallen und da ging es ums Geld.

CP: Ich selbst komme ursprünglich aus Russland und weiß, dass zumindest in dieser Community durchaus gewisse Vorbehalte gegen Schwule und Lesben vorhanden sind…

Dirk Basauri: Vermutlich kennen es die Menschen aus der alten Heimat, wo Putin in die gleiche Kerbe schlägt. Klar, sollte man es thematisieren, aber, wie gesagt, ist es für mich kein direktes Problem.

CP: Chorweiler ist nicht nur grün, ist schon fahrradfreundlich, aber für die Elektroautos gibt es hier wenig Ladesäulen. Was können die Grünen da für die e-Mobilität machen?

Dirk Basauri: Wir fordern auch mehr Ladestationen, mehr Carsharing. Es ist aber eine Frage der Nachfrage und des Angebotes. Die Carcharing-Angebote enden in Longerich an der S-Bahn-Station. Da bezahlt man schon einen Aufschlag für das Randgebiet. Die Frequenz ist hier eine andere, als in der Innenstadt. Das Problem ist, dass die Autos irgendwann zurück auf den jeweiligen Standort müssen. Das ist kein so einfaches logistisches Problem. Viele Autos landen, zum Beispiel, in Düsseldorf und müssen dann nach Köln zum Neuverteilen gebracht werden. Generell müssen auch sonst noch Park and Ride-Angebote erweitert werden.

CP: Die Grünen verlangen auch bezahlbaren Wohnraum. Was verstehen Sie darunter?

Dirk Basauri: Wir setzen nicht auf die Mietpreisbremse. Stattdessen soll die Stadt ihre Grundstücke nicht verkaufen, sondern in Erbpacht an einen Investor vergeben, der darauf bezahlbare Wohnungen baut. Und es unterbindet die Spekulation mit den Baugrundstücken. Man muss auch die Stadtverwaltung drängen, dass die Leute, die eine Baugenehmigung haben, auch tatsächlich bauen. Wer innerhalb von zwei Jahren nicht baut, dem muss die Baugenehmigung entzogen werden und das Grundstück muss verkauft werden. Oder die Stadt bekommt per Vorkaufsrecht das Grundstück zurück. Der Grundstückspreis ist ein wichtiger Grund, warum der Wohnungsbau so teuer ist. Ein weiterer – die Bauvorschriften. Warum sind in Deutschland gleiche Wohngebäude 30% teurer, als in Holland? Dort stürzen die Häuser auch nicht ein oder brennen massenhaft ab.

CP: Welche sonstigen Themen möchten Sie im Wahlkampf kommunizieren?

Dirk Basauri: Der ÖPNV hat sich in der letzten Zeit etwas verbessert. Aber die Verlängerung der Straßenbahn bis nach Esch, Pesch und von Merkenich in die Rheindörfer, bleibt ein Dauerthema. In Pesch wäre eigentlich noch viel Platz zum Wohnen. Ich habe selbst lange in Pesch gewohnt. Wenn Sie mit dem Bus erst zur S-Bahn-Haltestelle nach Longerich fahren, um dort mit der Straßenbahn in die Innenstadt zu fahren, dann nehmen Sie lieber gleich das Auto. Das war schon vor 20 Jahren ein Thema und es hat sich inzwischen wenig getan. Ehemalige Nachbarn von mir sind nach Auweiler gezogen, mit dem Ergebnis, der Mann muss mit dem Auto zuerst zur Haltestelle Volkhovener Weg fahren, um zu seiner Arbeitsstelle zu kommen. Ferner ist die Taktung von Bussen abends und am Wochenende nicht mehr zeitgemäß. Alternativen in dünn besiedelten Gegenden könnten auch Sammelbusse sein.

CP: Und die letzte Frage: Warum sollen Wähler im Bezirk Chorweiler die Grünen wählen?

Dirk Basauri: Weil wir die einzige Partei sind, die konsequent die Themen Nahverkehr, Radwege und Klimaschutz vertreten. Alle anderen Parteien haben sich nur grün angestrichen. Andererseits ist es gut, wenn die CDU, mit der wir auf Bezirks- und Stadtebene koalieren, bei grünen Themen mitzieht, – sonst könnten wir sie nicht durchsetzen.

CP: Vielen Dank für das Interview!

Das Interview hat Alexander Litzenberger geführt.

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